Rezidive tragen bei Schizophrenie zu einer Abwärtsspirale des Krankheitsverlaufs bei. Die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs hängt mit dem Abbruch der Behandlung zusammen, was wiederum mit einer mangelnden Therapietreue in Zusammenhang steht. Auf dem Hybrid-Kongress des ECNP 2021 erörterte Professor Leslie Citrome vom New York Medical College in Valhalla, NY, USA, die Rolle von langwirksamen Therapien bei der Bewältigung dieses schwierigen Problems.
Bei der Behandlung von Patienten mit Schizophrenie hat die Prävention von Rezidiven hohe Priorität, da jedes Rezidiv zu einem irreversiblen funktionellen Abbau führen kann.1 Dies wird daher in vielen klinischen Leitlinien zur Schizophrenie-Behandlung als wichtiges Ziel aufgeführt.2–4
Pro zwei Patienten mit Schizophrenie, die die Behandlung fortsetzen, wird ein Rezidiv verhindert
Innerhalb von 2 Jahren nach Absetzen der Medikamente erleiden 75 % der Patienten mit Schizophrenie ein Rezidiv, verglichen mit 25 % derjenigen, die die Behandlung fortsetzen. Mit anderen Worten: Pro zwei Patienten mit Schizophrenie, die die Behandlung fortsetzen, wird ein Rezidiv verhindert.5 Es gibt jedoch keine zuverlässige Methode, um vorherzusagen, bei welchen Patienten ein Rezidiv auftreten wird.4
Es gibt keine zuverlässige Methode, um vorherzusagen, bei welchen Patienten ein Rezidiv auftreten wird
Die Unterscheidung von fehlender Therapietreue und fehlendem Ansprechen
Wie bei vielen chronischen Erkrankungen liegt auch bei der Schizophrenie die Rate der fehlenden Therapietreue bei etwa 30 bis 60 %.6 Wie Professor Citrome betonte, wird die fehlende Therapietreue tendenziell unterschätzt und sollte als alternative Erklärung in Betracht gezogen werden, wenn ein Behandlungsmisserfolg auf mangelnde Wirksamkeit oder Behandlungsresistenz zurückgeführt wird.
Fehlende Therapietreue sollte bei Behandlungsmisserfolg als alternative Erklärung für mangelnde Wirksamkeit oder Behandlungsresistenz in Betracht gezogen werden
Es gibt viele verschiedene Risikofaktoren für die fehlende Therapietreue, und es kann hilfreich sein, sie in Kategorien zu unterteilen, wenn man sie in der Praxis beurteilt:7
- Patientenbezogene Faktoren, wie z. B. frühere fehlende Therapietreue und Substanzmissbrauch
- Behandlungsbedingte Faktoren, wie unerwünschte Wirkungen und mangelnde Wirksamkeit in Bezug auf die Symptome, die für den Patienten wichtig sind
- Umfeldbezogene Faktoren, wie mangelnde Unterstützung oder praktische Probleme
- Gesellschaftsbezogene Faktoren, wie z. B. Stigmatisierung im Zusammenhang mit der Krankheit oder den Medikamenten.
Wenn die fehlende Therapietreue darauf zurückzuführen ist, dass ein Patient ein Medikament nicht einnehmen will, schlägt Professor Citrome vor, die Meinung des Patienten über die Behandlung mithilfe von motivierenden Gesprächen zu verbessern. Wenn der Patient das Medikament jedoch nicht einnehmen kann, sollte der Arzt ihm helfen, die jeweiligen Schwierigkeiten zu überwinden.
Langwirksame Therapien können das Rätselraten rund um die Therapietreue erübrigen
Die Prävention von Rezidiven steht somit im Zusammenhang mit einer verbesserten Therapietreue. Neuere Leitlinien empfehlen die Verwendung einer langwirksamen Antipsychotika-Therapie (engl. „long-acting therapy“, LAT), wenn der Patient diese Form der Behandlung bevorzugt oder wenn er in der Vergangenheit eine schlechte Therapietreue gezeigt hat.8
Injizierbare LATs vermeiden den First-Pass-Effekt und führen zu vorhersehbaren und stabilen Plasmaspiegeln.9 Neben den klinischen Vorteilen bieten LATs auch den Vorteil, dass der Patient nicht an die tägliche Einnahme seines Medikaments denken muss und somit ein potenzieller Wirkungsverlust aufgrund einer vergessenen oral eingenommenen Dosis vermieden wird.10 Zudem bevorzugen viele Patienten LATs.11
Langwirksame Therapien reduzieren Hospitalisierungen um bis zu 58 %
In einer kürzlich durchgeführten Studie wurden über einen Zeitraum von 10 Jahren Praxis-Daten von mehr als 75.000 Patienten erfasst, die wegen Schizophrenie hospitalisiert wurden. Im Vergleich zu oral verabreichten Medikamenten verringerten LATs die Zahl der erneuten Hospitalisierungen um insgesamt 29 % und um bis zu 58 % bei Patienten, die wiederholt hospitalisiert wurden.12
Die Wahrnehmung ist wichtig
Viele der wahrgenommenen Hindernisse für die Anwendung von LATs hängen mit der Einstellung der Patienten zusammen.13 In einer Umfrage unter 206 Patienten, die LAT-Antipsychotika erhalten, fühlten sich 70 % durch den regelmäßigen Kontakt mit einem Arzt besser unterstützt.14
Eine bessere Aufklärung führte dazu, dass 96 % der Patienten, die ursprünglich eine langwirksame Therapie ablehnten, ihre Meinung änderten
Die Patienten stehenÄnderungen der Medikation unterschiedlich gegenüber. Kommunikation ist wichtig, aber eine Studie in 10 psychiatrischen Kliniken zeigte, dass die positiven Aspekte von LATs nur in 9 % der Gespräche mit den Patienten angesprochen wurden. Wenn nach dem Arztbesuch mehr Informationen über die Vorteile von LATs bereitgestellt wurden, erklärten sich 96 % der Patienten, die LATs zunächst abgelehnt hatten, bereit, sie auszuprobieren.15
Ärzte können die Gespräche mit Patienten verbessern, indem sie die sog. RULE-Vorgaben16 umsetzen:
- Resist making too many suggestions (Vermeiden von zu vielen Empfehlungen)
- Understand the patient’s motivation (Verstehen der Motivation der Patienten)
- Listen with a patient-centered, empathic approach (Mit einem patientenzentrierten, empathischen Ansatz zuhören)
- Empower the patient (Befähigung des Patienten).
Finanzielle Bildungsförderung für dieses Satellitensymposium erfolgte durch Janssen Pharmaceutical Companies of Johnson & Johnson in der EMEA.